«Hallo Welt, ich bin schwanger!»

Zuzanna

Zuzanna

Du hast den dritten Monat deiner Schwangerschaft erreicht und kannst es endlich allen sagen.
Dass dir alle gratulieren, ist ja klar. Oder?

Ich bin doch noch nicht Mutter

In der Regel ist eine Frau drei Monate lang schwanger, ohne dass es ihre Familie, Freunde und das Arbeitsumfeld wissen. Nach dieser Zeit lüftet sie das freudige Geheimnis. Jetzt kommen sowohl erwartete als auch überraschende Reaktionen. Je nachdem, was für ein Typ Mensch du bist, oder in welcher Verfassung du gerade bist, empfindest du die Kommentare als angenehm oder sie lösen Unbehagen aus. Werdende Mamis erleben sich, im Gegensatz zu den Papis, bereits schwanger das erste Mal in ihrer Rolle als Mami. Das kann eine Diskrepanz auslösen, denn das Baby ist irgendwo im «Bauch» drin und anfangs für das Mami unsichtbar und vielleicht nicht einmal spürbar. So kann es komisch für dich sein, wenn einige dich plötzlich «Mama» nennen und auf dich bereits das gesamte Spektrum der Mutter-Klischees projizieren. Nimm das bitte nicht persönlich. Die meisten Leute machen sich über deine Schwangerschaft null Gedanken. Zudem haben sie keinen Schimmer über die gemischte Gefühlswelt einer werdenden Mama.

Gratulationen und Hormone

Die in unserem Kulturkreis gebräuchlichsten und auch irgendwie neutralsten Reaktionen von Mitmenschen auf deine Schwangerschaft sind Gratulationen. Standardmässig geht man von einem freudigen Ereignis aus. Frau beachte, dass sich Leute mit Kindern oft erheblich mehr freuen, weil sie im Elternmodus drin sind und weil sie sich noch an den überwältigenden Hormonrausch erinnern können, als ihr Baby zur Welt kam. Das fühlt sich wirklich nach wahrer Mit-Freude an und lässt die eine oder andere ängstliche Mama-to-be aufatmen.

Schlechtes Gewissen vom Chef

«Dann muss ich jetzt wohl einen Ersatz für dich suchen» – gefolgt von einem theatralischen Seufzer. Das war die Reaktion eines Vorgesetzten, als die werdende Mutter ihm, mit zusammengekratztem Mut und nach zwei Jahren In-Vitro-Strapazen und Enttäuschungen, ihren Zustand «gestand». Selber hat er zwei Kinder. Es folgten weitere Monate von Kommentaren, welche die Frau im Covid-Homeoffice mit Tränen in den Augen, aber tapfer, über sich hat ergehen lassen. Leider kein Einzelfall, dass die Schwangerschaft bei der Arbeit als Belastung für das Team angesehen wird. Das wird sich hoffentlich dann endlich ändern, wenn Mamis und Papis sich die Kinderarbeit und den Job gleichmässiger aufteilen. Dann können sich Vorgesetzte bei der Arbeit über fehlende Männer und Frauen aufregen. Oder wir lernen endlich mal alle die Klappe zu halten und uns darüber zu freuen, dass wir als Menschheit nicht aussterben.

Auf die Welt kommen

Mehrjährige Eltern können auch zynische Reaktionen an den Tag legen. Mit etwas Empathie werden sie es hinter deinem Rücken sagen: «Die wird aber auf die Welt kommen, grins». Gemeint ist nicht dein Ungeborenes, sondern du. Übermüdeten Eltern kann man das verzeihen, denn sie wissen auch ganz genau, was mit einem Baby auf dich zukommt. Dabei entsteht der stille Wunsch, dass Mitmenschen den Zustand von Erschöpfung und Gereiztheit ruhig mal solidarisch miterleben sollten. Typisches Beispiel: Der 40-jährige Partykumpel, der samstags nicht zum Familienbrunch kommt, weil er «bis Mittag pennen muss». Wenn der verkündet, dass er Vater wird, sind die schadenfreudigen Gedanken seiner Freunde vorprogrammiert. Aber keine Angst, wenn das Kind da ist, freuen sich auch die müden Eltern darüber, ihr verlorenes Partyschaf endlich auf ihrem Elternplaneten willkommen zu heissen und werden helfen, wo sie nur können. Zuerst die Schadenfreude, dann die Solidarität.

Schwangerschaft bedeutet Veränderung

Schwangerschaft ist Privatsache und sollte von niemandem bewertet oder kommentiert werden. Doch die Info löst bei den meisten von uns einen Rattenschwanz an Gedanken aus. Denn es ist eine grosse, archaische Veränderung und Menschen tun sich mit Veränderungen schwer. Wenn dir das nächste Mal eine Frau sagt, sie sei schwanger, sagst du am besten: «Das ist schön zu hören, wie fühlst du dich dabei?». Meiner Meinung, der beste Kommentar – lass die werdende Mutter ihre Gefühle mit dir teilen.

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